Es war Anfang Januar als ich das erste Mal von Datu Dieter vom Family Reunion Camp in den USA hörte. Es sollte das erste Mal, seit dem Tod von Prof. Presas, sein, dass viele seiner westlichen Schüler zusammen kommen, ein Camp ausrichten und gemeinsam dort unterrichten. Die Liste der unterrichtenden Instructoren sah beeindruckend aus. So stand für mich schon nach sehr kurzer Zeit fest, ich möchte an diesem großen Ereignis teilnehmen.
Am Morgen des 12. Juli machte ich mich also auf, zu meiner 2. Reise mit Dieter als „sein Assistent“. Nach dem Zwischenstopp in Atlanta und einem verspäteten Weiterflug kamen wir am Abend am Flughafen in Buffalo / New York an. Datu Tim Hartmann erwartete uns bereits. Nach einer freudigen Begrüßung fuhren wir zuerst ins Hotel. Nach dem kurzen einleben holte uns Tim ab und fuhr mit uns in sein Dojo. Dieses Dojo sollte auch der Austragungsort des Camps sein. Dieter und Tim hatten viele interessante Dinge zu besprechen und ich lauschte gespannt ihren Erzählungen vom Modern Arnis von „früher“ und dem Vergleich zu heute und den anderen alten Geschichten.
Später an diesem Abend erfuhren wir, dass die Instructoren-Liste sich leider leicht änderte. Datu Kelly Worden hatte kurz vorher einen sehr schweren Motorradunfall. Er hatte sehr viel Glück das er diesen überlebte. Somit konnte er aus gesundheitlichen Gründen leider nicht auf dem Camp unterrichten. Dies ist der gleiche Motorradunfall, wegen dem er auch dieses mal nicht nach Dortmund kommt. Der als Special Guest geplante Bobby Taboada musste leider ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen absagen. Zwei weitere Instructoren zogen Ihre Zusage zum unterrichten aus persönlichen Gründen zurück. Als Ersatz konnte Tim Großmeister Max Pallen zum unterrichten gewinnen. Max Pallen half Professor Presas bei seinem Start in den USA dort Fuß zu fassen. Außerdem gab es mit Master Ron van Browning einen weiteren neuen Instructor.
Am Mittwoch zeigte uns Tim ein bißchen von Buffalo. Wir waren z.B. in der Shopping Mall, wo wir nach einer Telefonkarte für mich suchten. [Wer von meinem Philippinen Aufenthalt weiß, der weiß warum. 😉 ]
Auf dem Weg zurück zum Dojo besuchten wir noch einen Friseur Salon. Das erwähnenswerte hierbei war nicht die Frisörin, sondern das Auto der Dame. Es war ein richtig gut getunter Ford Mustang. Ein wirklich krasses Auto.
Wieder im Dojo lernten wir dann die ersten Schüler von Tim kennen und schauten gespannt beim Training zu. Am Abend waren noch mehrere Trainingseinheiten, vom Kindertraining bis zum Teenager Alter.
Am Donnerstag fand morgens im Dojo eine Schwarzgurt Prüfung statt. An dieser durften Dieter (klaro), aber auch ich als Mitglied des Boards teilnehmen. Es gab Teilnehmer zum 1., 2. Und 3. DAN. Es war sehr interessant den Übungen der Prüflinge zu folgen. Da man so einen kleinen Einblick in das Programm der USA gewinnen konnte. Alle Prüflinge zeigten, soweit ich das beurteilen konnte, gute bis sehr gute Leistungen. Wobei, und das finde ich sehr wichtig, man einen klaren Leistungsunterschied zwischen den verschiedenen DAN Graden erkennen konnte. Anders als in Deutschland war dies der zweite Teil der Prüfung. Hier ging es mehr um die Kunst mit den Waffen. Der erste Teil fand bereits deutlich vor diesem Termin statt. In diesem ging es mehr um waffenlose Aspekte. Die Prüfung war jedoch auch nach diesem Teil noch nicht beendet, da die Leistung auf dem Lehrgang ebenfalls bewertet wurde. Das Ergebnis der Prüfung sollten alle Prüflinge am Samstagabend auf dem Camp Buffet erfahren.
Nach dem Mittagessen begann die Registrierung der einzelnen Teilnehmer für das Camp. Jeder Teilnehmer bekam ein rotes Plastikbändchen ums Handgelenk um zu zeigen, dass er oder sie bereits registriert ist. Warum ich das erzähle? Nun ja… wartet ab. Nach der Registrierung und den organisatorischen Hinweisen startete das Camp. Dieter durfte beginnen. Er unterrichtete Basics aus dem Tapi Tapi, so wie es in Deutschland unterrichtet wird. Da sich unser Tapi doch ein kleines bißchen von dem in den USA unterscheidet. Denn in den USA starten die meisten Techniken aus dem Single Sinawali, also anders als bei uns. Bevor die einzelnen Techniken trainiert wurden zeigte Dieter mit mir einen kurzen Überblick, wie das ganze Aussehen könnte und beeindruckte die Teilnehmer bereits nach den ersten Minuten. Alle Teilnehmer waren konzentriert und sehr wissbegierig. Und hier kommen wir auch direkt nochmal zu den Plastik Armbändern… nun ja es hat 3 Techniken gehalten, danach war es „kaputt“. 😉
Weiter ging es mit Master of Tapi Tapi Brian Zawilinski. Ihn kannte ich bereits vom Philippinen Camp 2006. Er unterrichtete Single Sinawali und die waffenlose Anwendung daraus inklusive Würfen. Die Bewegungen der Anwendungen basierten dabei auf abgeschlossenen Kreisen. Es war sehr interessant.
Abends unterrichteten noch Master of Tapi Tapi Chuck Gauss und Master Rich Parsons. Beide sind Riesen und wie alle anderen Instructoren auch echte Könner ihres Fachs. Chuck unterrichtete den Single Drill und seine Anwendungen mit verschiedenen Variationen, sowie waffenlose Hebel. Rich unterrichtete Basics im Balintawak. Am Abend trafen sich alle Teilnehmer für Hors D’oeuvres im Camp Restaurant direkt neben dem Hotel in der Dingens Bar & Grill.
Der Abend klang somit sehr gesellig und gemütlich mit alten (z.B. Jimmy) und neuen Freunden aus.
Der Freitag startete mit Max Pallen. Er zeigte uns die Anfänge von Modern Arnis, erklärte dabei sehr viel warum etwas so gemacht wird wie es heute gemacht wird und stellte dabei sein System Senkotiros vor.
Danach unterrichte GM Rick Manglinong. Er zeigte das 24 Pattern. Dies ist eine Abfolge von 24 Schlägen in einem bestimmten Muster in der Bewegung. In diesem „Angriffsmuster“ wurden dann verschiedene Gegenangriffe, Doppelstockserien und weitere Übungsformen geübt. Dies hat sehr viel Spaß gemacht.
Nach dem Mittagessen ging es mit GM Dan Anderson weiter. Er zeigte uns die Entwaffnungen auf 1-12, wie sie Remy Presas unterrichtet hat. Die Entwaffnungen sind nämlich ursprünglich nicht in Serien mit verschiedenen Prinzipien eingeteilt gewesen.
Danach folgte die erste Einheit von Datu Tim Hartman. Er trainierte mit uns verschiedene Messer Entwaffnungen. Dabei wurde auch erklärt, warum jeder Teilnehmer in seinem Verband immer sein eigenes Messer aufheben muss, auch wenn es der andere entwaffnet hat und keiner das Messer des Gegners aufheben soll. Er erzählte eine Geschichte aus Finnland (glaub ich wars), wo zwei vorher unbekannte Lehrgangsteilnehmer miteinander Messer trainierten. Der eine hat den anderen entwaffnet und hat sich dann gebückt um das Messer freundlicherweise für den anderen aufzuheben. Dieser fühlte sich aber gedemütigt und zog ein richtiges Messer und stach mit diesem auf den gerade das Messer aufhebenden ein.
Am Abend unterrichte Chuck Gauss eine weitere Anwendung des Single Drills, sowie einige weiteren Übungen im Tapi Tapi. Diese Übungsformen im Tapi waren teilweise komplett neu, weil sie eben anders gezeigt werden.
Zuletzt folgte die erste Einheit von Master van Browning. Er unterrichtete das Dumog. Auch diese Trainingseinheit war super interessant!
Der Samstag startete mit Brian Zawilinski, der verschiedene Hebel – Wurf Kombinationen und Anwendungen unterrichtete. Als nächstes zeigte uns Tim Hartman verschiedene Stockentwaffnungen. Er erklärte dabei wie die Entwaffnungsserien in den USA entstanden sind. Aus Remys Entwaffnungsprinzipien auf die Schläge 1-12 haben sie die Prinzipien der verschiedenen Entwaffnungen analysiert und auf die jeweils anderen Schläge adaptiert. Ein sehr interessanter Ansatz und doch anders als im DAV.
Weiter ging es mit Dan Anderson der uns Sparring näher brachte. Dabei zeigte er verschiedene Schrittmuster, Bewegungen und Übungen zur Distanzkontrolle. Diese Übungen sollen helfen die richtige Distanz zum Partner zu finden, so dass dieser nicht trifft, man selber aber ganz leicht zum Treffer gelangen kann.
In der nächsten Einheit unterrichtete Rick Manglinong Open Double und Kontertechniken auf waffenlose Hebel.
Die nächste Einheit gehörte Dieter. Er zeigte Unterschiede der verschiedenen Modern Arnis Versionen der verschiedenen Verbände. Dies sollte vollkommen ohne Wertung geschehen. Er hat dabei immer gezeigt warum der DAV die Technik so ausführt und was man sich dabei gedacht hat. Dabei ging es zum einen um die Entwaffnungsserien, um verschiedene Wirbelübungen, sowie um einige Übungen im SV. Bei den Übungen im SV nahm Dieter immer andere Teilnehmer des Camps um zu demonstrieren, dass die Techniken nicht nur beim eingespielten Partner, sondern wirklich funktionieren. Während dieser Einheit entwickelte sich auch ein Running Gag. Es wurden einfach typische „amerikanische“ Vornamen (wie z.B. John oder Shawn) als Partner gerufen und dann wurde geschaut wer denn von den Anwesenden als Partner kam.
Die Stimmung auf dem Camp war Spitze. Und gerade die letzte Einheit des Tages sollte es in sich haben. Alle anwesenden Instructoren und Instructorinnen unterrichten abwechselnd auf die verschiedenen Angriffswinkel eine unterschiedliche Technik. Diese Übung war für alle Teilnehmer super lustig und alle harmonierten sehr gut bei der Ausführung. Es gab sowohl viele technische Raffinessen (verschiedene Kontermuster), als auch ganz einfache Techniken (Schlag 9 auf einen Angriff 2).
In dieser Einheit unterrichtete auch Kim Foreman mit einer ihrer Schülerinnnen. Kim hatte wie alle anderen Instructoren eine sehr lange Zeit beim Professor trainiert.
Nachdem die Einheit schon ein bißchen lief, kamen wir irgendwann zur waffenlosen Verteidigung gegen einen Stockangriff. Als Dieter dann an der Reihe war, kam er zu einer „besonderen“ Ehre! Bei einem Angriff 2 sollte der Angreifer durch eine Kreisbewegung entwaffnet und anschließend geworfen werden. Je fester der Angreifer den Stock festhält, desto schneller und fester fliegt er weg. Und so passierte es, dass ein Stock beim vormachen mit einem der Teilnehmer der sehr stark festhielt in die Spiegelwand flog. Der Spiegel zersplitterte krachend.
Die Schüler von Tim haben sich nachher bei ihm bedankt, da er den Druck von Ihnen genommen hat. Keiner von ihnen wollte der erste sein, der den Spiegel zerstörte. 😉
Am Abend folgte dann das große Bankett in der Dingens Bar. Es gab zum einen ein super Buffet und zum anderen gab es noch Ehrungen und neue DAN Grade. Die Verleihung wurde von Jeff Leader moderiert. Die Teilnehmer der DAN Prüfung bekamen ihre neuen DAN Grade. Und die meisten der Instructoren bekamen Preise. Dabei sollte jeder der Instructoren seine Lieblings-Remy-Presas-Geschichte erzählen.
Die beste Geschichte hatte Chuck Gauss. Er war gerade auf dem Weg zur Arbeit als sein Telefon klingelte. Hallo Chuck, was machst Du gerade? Professor! Ich bin auf dem Weg zur Arbeit. Hmmm das ist schade, ich bin gerade bei Dir in der Gegend. Also rief er bei seinem Arbeitgeber an, hustete ein bißchen und meldete sich krank. Sie versuchten in einem Hotelzimmer zu trainieren. Der Platz war zwar sehr eng, aber nachdem Sie das Zimmer ein bißchen umgeräumt hatten, war genügend Platz vorhanden. So trainierten sie zusammen in dem Hotelzimmer. Bei einer Übung, ähnlich wie bei Dieter vorher auf dem Lehrgang, hatte der Professor eine Entwaffnung gemacht, bei der der Stock weg flog. Natürlich direkt in den Fernseher. „Oh Chuck! Was hast Du gemacht? Das musst du reparieren!“ Sie trainierten weiter. Kurze Zeit später machte der Professor einen Wurf. Chuck flog durch die Gegend und landete an der Mittelwand. In die er natürlich durch seinen Aufprall direkt ein Loch machte. „Chuck was ist passiert? Das musst du reparieren!“ Und so kam es das er am Ende des Trainingstages eine Wand und einen Fernseher bezahlen konnte…
Auch dieser Abend ging in gemütlichen kleinen Runden zuende. Die Stimmung war super!
Am Sonntag gab es nur noch kurze Trainingseinheiten. Jeder Instructor sollte noch ein bißchen von seinem Können zeigen. Alle unterrichteten nochmal. Max Pallen, Rich Parsons, Brian Zawilinski, Dan Anderson, Ron van Browning und Dieter. Jeder zeigte nochmal ein bißchen aus seinem Spezialgebiet, ob es Balintawak, waffenlos, Kontertechniken, Würfe oder Hebelketten waren. Es hat einfach Spaß gemacht. Gegen Mittag war das Camp dann leider vorbei. Die noch anwesenden Teilnehmer (manche sind etwas früher aufgebrochen, da sie extrem weite Wege hatten) verabschiedeten sich voneinander.
Tim fuhr uns gegen Abend zum Flughafen. Nach der herzlichen Verabschiedung von Tim, nahm Dieter das Flugzeug zurück Richtung Heimat und für mich begann der restliche Urlaub!
Das Camp war eine super Erfahrung. Die Stimmung war super und alle Teilnehmer gingen respektvoll und höflich miteinander um. Mit einem Wort: Super! Ich hoffe das Camp in Dortmund wird ähnlich gut! Ich kann es kaum erwarten alle wieder zu sehen und freue mich schon auf das Event! Da das Healing Camp vor kurzen gerade für 2016 erneut angekündigt wurde, hoffe ich das sich spätestens dort dann alle wiedersehen!
(C) Text: Markus Kenkmann, 09/2012
(C) Fotos: Markus Kenkmann und Dieter Knüttel, 09/2012
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